Personal Jesus: Depeche-Mode-Sänger Dave Gahan beim Alleingang in der Columbiahalle
Der erste Song "Hidden Houses" ist noch nicht zu Ende, da hat Dave Gahan schon sein Hemd in die Ecke geschleudert. Die zum Schneiden dicke Luft vom AC/DC-Konzert ist gleich hier geblieben in der Columbiahalle. Doch nun toben die Hardcore-Fans der Elektro-Kult-Combo Depeche Mode vor der Bühne und huldigen der geliebten, melancholischen Stimme der Band ihrer Begierde. Gahan, der bei Depeche Mode die von Martin Gore geschriebenen Songs singen musste, macht seine eigene Show. Der 41-jährige Engländer hat nach mehr als 20 Jahren sein Solo-Debüt gestemmt, mit eigener CD, "Paper Monsters". Er singt die Platte fast komplett vor, doch auch Depeche-Mode-Songs gehören zur Show. Der erste kommt bald mit "A Question of Time", und von da an steht die prallvolle Bude endgültig unter Strom. Die Musik klingt etwas dumpf, dafür steht Gahans Stimme umso klarer im Raum. Er hastet übers Areal, geriert sich in Freddie-Mercury-Posen, gibt die rastlose Rock-Diva, flirtet mit den ersten Reihen. Knox Chandler besorgt live die schwärmerischen E-Gitarrenparts, mal rau, mal rasant, mal elegisch. Bassist Martyn Lenoble, Drummer Victor Indrizzo und Keyboarder Vince Jones komplettieren die eingespielte Truppe. Vom Blues gezeichnete Balladen und Uptempo-Songs sind es, in denen Gahan sehr persönlich Liebschaften, Familienangelegenheiten und überwundene Alkohol- und Drogensucht verarbeitet. Und irgendwann greift er sie sich, die Depeche-Mode-Juwelen: "Walking In My Shoes" und den von Johnny Cash geadelten "Personal Jesus". Das alles schaffen Gahan & Co. in kompakten 65 Minuten. Stört keinen, man ist sogar dankbar dafür bei diesem Klima. Im Zugabenblock gibt's noch mehr Depeche Mode, "I Feel You", "Never Let Me Down Again" und in einem akustischen Da Capo "Enjoy The Silence" samt hineinzitiertem "Just Can't Get Enough". Gahan in Siegerpose. Er hat allen Grund dazu.
Peter E. Müller